Auf den Spuren Amand Paudlers: Wanderung auf dem Kammnebenweg (Nordböhmen) Teil1

Von Alt-Ehrenberg (Staré Křečany) nach Dittersbach (Jetřichovice)... 


Das Vorhaben 'Kammweg' ist jedem Wanderfreund, der mehr oder weniger im Umfeld dieser Trasse zwischen Erzgebirge und Altvatergebirge ansässige ist, nicht nur ein Begriff sondern es verbindet sich damit auch die Sehnsucht, wenigstens einen Teil dieses Kultweges möglichst auch einmal zu erwandern. Wir auch, natürlich und möglichst am Stück. 

Einen ausgewählten Abschnitt des Kammwegs beschrieb Prof. Amand Paudler in seinem 1904 erschienenen Werk 'Der neue Kammweg vom Jeschken zum Rosenberge'. Paudler studierte Theologie, Philologie, Geschichte und Germanistik. Er begründete 1878 den Nordböhmischen Excursionsklub und war Wegbereiter der Heimatkunde in Nordböhmen.


Das Buch ist noch heute eine beliebte Lektüre unter Heimatfreunden. Paudlers Absicht war es aber nicht, einen Wanderführer zu schreiben 

'Mein Buch soll und wird kein „Führer“ sein, kann es auch gar nicht sein. Ein „Führer“ soll alles bringen und beschreiben, was für die Besucher des Kammweges zu wissen und zu erfahren notwendig ist. Mein Buch wird alles erzählen, was wir bei unserer Begehung des Kammweges erlebt haben, was uns aufgefallen, was mir eingefallen ist, ohne Rücksicht auf die Frage und die Möglichkeit, ob der geneigte Leser, wenn er den Kammweg begeht, desgleichen erleben, ob ihm dasselbe auffallen und einfallen wird. 
...
Mein Buch wird also kein „Führer“ sein, nach welchem der Wanderer sich Schritt für Schritt richten kann. Mein Buch erzählt nicht bloß vom Kammwege, sondern auch von manchem Abwege und von verschiedenen Nebenwegen, die vielleicht dem Leser gefallen, dem Wanderer aber gleichgiltig sind.'

Ganz im Gegenteil. Nicht das Umherziehen auf ausgetretenen Wegen ist unser Anspruch, sondern neue Wege zu beschreiten und das Vorhaben zu einem Spektakel für die Sinne zu machen. Und so sind uns diese Nebenwege nicht 'gleichgiltig', sondern ein Anliegen und so nennen wir unser Vorhaben ganz pragmatisch gleich 'Kammnebenweg'. Dabei kommt uns entgegen, dass wir natürlich mit der Landschaft vertraut sind und die besonderen Schönheiten der Gegend wie auf eine Perlenschnur auffädeln können. Der Weg ist natürlich das Ziel und so muss aber das eine oder andere Kleinod liegen bleiben. Darüber kann man bei Paudler nachlesen. 


Paudler erzählt in seinem Buch aus der Vergangenheit, vom Leben der Menschen und flicht zahlreiche Sagen ein, deren Überlieferung auch eines seiner Ziele war. 

'Die meisten sehen im Gebirge nur Schnee und Nebel, nur Bäume und Schatten, manchmal auch Blumen und Beeren, für Manche aber ist alles lebendig und gleichsam bevölkert von Zwergen und Waldweibchen, von Berggeistern und Kobolden, von Teufeln und unermeßlichen Schätzen. Wildschützen, Schmuggler und Nachtjäger samt der wilden Jagd treiben durch den Forst, und überall raunt es, flüstert es, seltsam und geheimnisvoll. Auch Menschenwerk und Menschenschicksal treten lebensnah vor unser Auge, und manch' eine große Lehre, die längst vergessen zu sein schien, wird wieder lebendig.'

Keines der den romantischen Vorstellungen Paudlers entsprungenen Fabelwesen ist uns begegnet, aber eine Vorstellung davon bekommt man schon, schreitet man voran auf den abseitigen Wegen, die uns zu den schönsten Aussichten im Gebirge führen. 

Die gesamte Strecke haben wir mit 115 Kilometern vermessen und dabei 4000 Höhenmeter zurückgelegt. Es gibt Schnellwanderer, die den Originalweg in 24 Stunden zurücklegen. Bravo, toll und sportlich, aber nicht unser Ding und schon gar nicht dem Anliegen Paudlers entsprechend. Dafür ist die Landschaft zu schön und will genossen sein. Die Tour teilt sich auf vier Etappen und es war ein gehöriges Stück Arbeit. Rekordbrechern sind wir auf unseren Wegen nicht begegnet. 

Eine baldige Fortsetzung bis ins Riesengebirge ist geplant.

Für den Einstieg haben wir uns Alt Ehrenberg (Staré Křečany) im Schluckenauer Zipfel (Šluknovský výběžek) ausgesucht. Der 'scharfe Start' wird an der Quelle der Mandau (Mandava) vollzogen. Der Weg führt uns nach Zeidler (Brtníky) und entlang des Zeidler Baches in die Kernzone der Böhmischen Schweiz (České Švýcarsko). Auf die Verhaltensregeln in diesem Naturschutzgebiet muss der Naturfreund nicht hingewiesen werden. Der stille Weg mäandert entlang der Täler um die Kirnitzschschlucht (Křinice). Ein schöner Weg zum 'Anbergen', denn bald geht es hinauf zu den Felsen bei den Balzhütten (Na Tokáni). Für den dann folgenden Abstieg zum ersten Tagesziel in Dittersbach (Jetrichovice) benötigt man ausreichend Zeit, möchte man die großartigen Panoramafelsen nicht verpassen, wegen deren wir diesen Wegabschnitt gewählt haben. Vom Rudolfstein (Rudolfov kamen), der Wilhelminenwand (Vilemínina stěna) und der Marienhütte (Mariina skála) bieten sich großartige Aussichten über die Böhmische Schweiz, das Lausitzer Gebirge (Lužické hory), das Böhmische Mittelgebirge (České středohoří) sowie in die Welt der Dittersbacher Felsenlandschaft. Der Anblick von Kreuzberg (Křížový vrch) und Kaltenberg (Studenec) stimmen uns zudem auf die nächste Etappe ein, die dann in die Nähe des Blauen Kammwegs führt.



Die Tour beginnt an der Mandauquelle an den Hügeln des Schluckenauer Zipfels




und führt in die kühlen Täler der Böhmisch-Sächsischen Schweiz






Am 08.09.1932 fällte ein Sturm die mächtige Jungferntanne, eine Tafel erinnert daran


Die Felsen um die Balzhütten








Die Balzhütte – eine traditionelle Einkehrstätte


Die erste große Aussicht – der Rudolfstein






Die Wege in dem Wandergebiet wurden schon Ende des 19. Jahrhunderts angelegt


Die zweite schöne Aussicht – die Wilhelminenwand



mit Blick zur unterhalb liegenden Marienhütte


... zum Kamm des Lausitzer Gebirges


Kreuzberg (Vordergrund) und Kaltenberg, zur Einstimmung auf die morgige zweiten Etappe


Ein erster Schauer zieht über den Rosenberg


Die dritte Aussicht – Der Marienfels; der Blick zur Wilhelminenwand, dahinter der Rudolfstein; die Marienhütte brannte im September 2005 durch Unachtsamkeit nieder und wurde erneuert



Blick über die Fluren von Dittersbach hin zum Rosenberg



… und der nächste Schauer, aber es soll sich bald bessern


Am 22.09.2006 brach erneut ein Brand am Marienfels aus und vernichtete den Waldbestand; die neue Hütte selbst wurde von dem Feuer verschont


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